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Rezension „Wars across the world“

Einleitung

Es handelt sich hierbei um ein im Jahre 2017 erschienenes Digitalspiel aus dem Genre der Strategietitel. Dieses Spiel behandelt eine ganze Vielzahl an Konflikten aus sämtlichen Epochen der Menschheitsgeschichte sowie einzelnen fiktiven Szenarien, beleuchtet aus unterschiedlichen Perspektiven. Auf eine Kampagne oder sonstige narratorische Linie wurde verzichtet. In der Basisversion sind mittlerweile 10 Szenarien sowie ein Tutorial standardmäßig enthalten. Weitere Szenarien können (zu durchaus angemessenen Preisen) zugekauft oder selber erstellt werden. Aufgrund des Szenarioeditors existieren zudem div. (Gratis-)Moddinginhalte.

Konzept

Der Fokus liegt auf der Durchführung militärischer Operationen. Teilweise besteht jedoch auch die Möglichkeit gewisser diplomatischer und allgemein-politischer Spielzüge.

Aufgrund der konzeptionellen Ausgangslage, so werden natürlich auch Szenarien des 2. Wk. behandelt. Besonders erfreulich stellt sich dabei die Tatsache dar, als dass die Darstellung sehr anständig erfolgt ist. Es werden dabei sogar alliierte Kriegsverbrechen thematisiert bzw. in den Ablauf eingebunden.

Spielablauf

Wie bereits obig einleitend ausgeführt, so handelt es sich bei “Wars across the world“ um einen Strategietitel, welcher aufgeteilt ist in div. Szenarien. Jedes Szenario ist von Anfang an spielbar. Die Wahl der Konfliktpartei (zum Teil sind mehr als zwei Parteien pro Szenario vertreten) ist dabei völlig frei.

Jede Partie beginnt mit einer vorab festgelegten Rundenanzahl. Die Ausgangslage entspricht der jeweiligen historischen Ausgangslage. Ziel des Spiels ist es, gewisse vorgegebene Zielpunkte zu erreichen, welche sich oftmals anhand einer Angriffs-/Verteidigungsausgangslage orientieren. Es können – entsprechend der erreichten Punkte – am Ende „große“ und „kleine“ Siege errungen werden.

Das große Spielfeld ist in kleinere Land- und/oder Seefelder unterteilt. Einige der Landfelder beinhalten “Siegpunkte“ und Versorgungsstationen – beides hochrelevant. Landfelder verfügen zudem über gewisse individuelle Faktoren, welche sich auf das Schlachtgeschehen auswirken.

Zu Beginn jeder Runde werden “Spielkarten“ vergeben. Jede Partei darf eine gewisse Anzahl “Spielkarten“ “aufheben“, jedoch eben nicht unbegrenzt. Besagte “Spielkarten“ beinhalten unter anderem diplomatische, allgemein-politische oder militärische Optionen. Diese können vielfach frei ausgespielt werden.

Je nach Szenario existieren Land-, See- und/oder Lufteinheiten. Die Einheiten werden in Form von kleinen “Icons“ dargestellt, welcher aber in optischer Hinsicht durchaus attraktiv bzw. mit Liebe zum Detail gestaltet sind. Jede Einheit verfügt über gewisse Bewegungs- und Stärkepunkte. Die Einheiten können auch miteinander verbunden und (historischen) Führerpersönlichkeiten unterstellt werden, was sich ebenfalls auf den Ablauf der Schlachten auswirkt.

Zusätzliche Einheiten werden nicht produziert, sondern können aber bspw. durch “Event“ neu auf das Schlachtfeld geführt werden. Es sind auch Auffrischungen möglich. Zudem müssen die Einheiten mit Material versorgt werden; ist eine Einheit also eingekesselt worden, so löst sich diese früher oder später (abhängig von deren individuellen Versorgungspunkten) auf.

Die Schlachten sind rundenbasiert strukturiert. Der Ablauf ist etwas schwer erklärbar. Man muss es sich ungefähr wie ein digitales Brettspiel vorstellen; zwei Einheitenstapel liegen sich gegenüber, und der Kampf wird mittels einiger (digitaler) Würfel ausgewürfelt, wobei Faktoren wie Einheitenwert, Führergeschick, Terrain und unter Umständen auch gewisse “Events“ (in Form der bereits obig thematisierten Karten) mitentscheiden (es läuft also bei weitem nicht nach dem Prinzip, wonach die höchstgewürfelte Zahl entscheidet, vereinfacht formuliert). Bei Land- und Seegefechten können, je nach Szenario, zusätzlich noch Lufteinheiten mitinvolviert werden. Es ist auch möglich Einheiten manuell zurückzuziehen, allerdings können Truppen auch eigeninitiativ die Flucht ergreifen.

Bewertung

„Wars across the world“ stellt eine gute und günstige Alternative zu der Vielzahl Strategietitel auf dem Markte dar. Dies vor allem aufgrund seiner inhaltlich-realistischen, vor allem aber auch in politischer Hinsicht sehr anständigen Inszenierung.

Da der Ablauf am ehesten mit einer digitalen Brettspielpartie vergleichbar ist, so beeinflusst dies mithin auch den Spielfluss. Es läuft also alles sehr gemächlich ab, was aber gerade bei Strategietiteln durchaus sinnvoll erscheint.

In politischer Hinsicht gibt es, wie bereits ausgeführt, ebenfalls nichts zu bemängeln. Natürlich sind die Symbole des Dritten Reiches zensiert, aber dies ist – leider nach wie vor – vielfach noch Usus in der Spielebranche, wobei die BRD-Rechtsprechung, mit Rücksicht auf politische Erwägungen fiskalischer und auch ökonomischer Natur, in den vergangenen Jahren durchaus konzilianter geworden ist bzw. sich mittlerweile an den Standards der Filmindustrie orientiert. Dies ist aber vorliegend auch letztlich deshalb irrelevant, da es sehr einfach ist die Symbole manuell neu zu gestalten oder eben gemoddete Symbole von ausländischen Seiten zu beziehen. “Wars across the world“ greift zudem alliierte Kriegsverbrechen auf; namentlich solche, welche durch die Rote Armee begangen worden sind. Insoweit weist das Spiel somit auch in dieser Hinsicht einen edukativen Wert auf. Dies schlägt sich nicht nur in “Events“ denn auch mitunter Missionszielen nieder. So ist es bspw. in dem 2. Weltkriegs-Szenario Ostpreußen ein Teil der Aufgabe, deutsche Zivilisten zu evakuieren, und so vor dem Zugriff des marxistischen Untermenschentumes zu bewahren. Dies wird in vorliegendem Falle so inszeniert, als dass der Spieler Flüchtlingstrecks, welche als eigenständige Einheiten dargestellt sind, analog zu den militärischen Einheiten in Richtung der vorgesehenen Evakuierungshäfen führen muss, wobei in diesem Rahmen auch noch parallel der Seetransport organisiert werden muss, unter Beachtung der permanenten Bedrohung durch feindliche Marineverbände.

Als edukativ kann auch die Vielzahl der mit Liebe zum Detail gestalteten diversen Szenarien unterschiedlichster Epochen per se bezeichnet werden. Vor allem auch deshalb, da einige eher weniger bekannte Schlachten und Kriege beleuchtet werden; namentlich aus der Dritten Welt (sogar der damalige Kampf um Rhodesien wird behandelt).

Das Spiel bezieht seinen Wiederspielwert insbesondere auch aus dieser Szenarien-Vielzahl. Es ist buchstäblich für jeden historisch Interessierten etwas dabei; von der Antike über das Mittelalter bis hin zu der Napoleonischen Ära, den großen und kleinen Konflikten des 20. Jahrhunderts aber auch den Kriegen Unserer Tage. Besonders schön ist dabei auch die Tatsache, als dass wirklich jede der jeweiligen beteiligten Konfliktparteien gespielt werden kann, was eine multidimensionale Perspektive auf das jeweilig dargestellte Geschehen erlaubt. Hinzu kommen die diversen Sonderregeln, insbesondere auch die diplomatischen und allgemein-politischen Optionen mancher Szenarien; das Szenario den 2. Golfkrieg betreffend kann man bspw. auch weitestgehend durch politische Entscheidungen gewinnen. Gerade die mitunter möglichen diplomatischen und allgemein-politischen Optionen ermöglichen zudem auch durchaus interessante ahistorische Verläufe. “Wars across the world“ bietet durch seine vielen interessante Ansätze durchaus ein großes Spektrum dynamischer Verläufe.

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist vor allem für Anfänger sicherlich durchaus fordernd, aber auch geübten Spieler vermag sie da und dort ein Schnippchen zu schlagen (bspw. in dem Szenario Koreakrieg durch überraschende amphibische Landungsoperationen der mit den Südkoreaner verbündeten US-Amerikaner im tiefen Hinterlande). Auf der anderen Seite vermag die KI selbst aber Überraschungen nicht immer begegnen zu können; so ist bspw. in beiden Ostpreußen-Szenarien (1. und 2. Weltkrieg) sowie sogar dem Szenario Endkampf um Berlin durch blitzschnellen Flankenbewegungen kleinerer mobiler Stoßverbände in Kombination mit Schwerpunktbildungen, die, zum Teil sehr tiefen, russischen Einbrüche nicht nur zu bereinigen, sondern im weitere Verlaufe die gesamten Angriffsarmeen in gigantischen Kesselschlachten zu vernichten und schlussendlich sogar die restlich verbliebenen, versprengten Feindverbände über den Operationsbereich hinaus hinwegzufegen (Kartenrand), trotz recht begrenzter eigener Ressourcen (Schwerpunktbildung und überraschendes, blitzschnelles Zuschlagen ist dabei der Schlüssel zum Siege!).

Aufgrund der – zumindest in diesem Genre – eher weniger verbreiteten Spielemechanik, so kann es jedoch gerade für Gelegenheitsspieler anfänglich zu gewissen Schwierigkeiten hinsichtlich eines Einstieges führen. Dies wird mitunter auch durch die Tatsache begünstigt, als dass einige Szenarien über Sonderregeln verfügen.

In grafischer Hinsicht ist das Spiel im Vergleich zu anderen aktuellen Strategietiteln nicht konkurrenzfähig; das muss man unumwunden so konstatieren. Die Grafik ist zweckmäßig, und unterstreicht den Charakter eines digitalen Brettspieles. Auch die Vertonung kann nur als zweckmäßig bezeichnet werden. All diese – rein optischen – Tatsachen tuen dem Spielvergnügen aber gar keinen Abbruch. Im Gegenteil. So – vergleichsweise – spartanisch auch die optische Darstellung und Vertonung, umso komplexer jedoch der Inhalt.

Wer also ein Faible für Strategietitel hat die dem Genreanspruch tatsächlich auch gerecht werden, und es beim Spielen eher ruhiger angehen lässt (um sich besser auf das Geschehen konzentrieren zu können), für den ist “Wars across the world“ sicherlich das richtige, zumal es sich hierbei auch um einen wirklich preisgünstigen Titel handelt. Positiv ist auch die absolut anständige politisch-historische Sachverhaltsdarstellung der jeweiligen Szenarien zu bezeichnen, sodass sich das Spiel auch gerade deshalb besonders für jüngere Spieler empfiehlt. Positiv ist auch die Tatsache zu erwähnen, dass das Spiel über einen Szenarieneditor, und auf dieser Grundlage auch eine Modding-Gemeinschaft verfügt. Was das Spiel aber wirklich von anderen Titeln unterscheidet ist die Tatsache der Vielzahl behandelter Kriege und Schlachten; vor allem aber der „vergessenen“. Wenngleich es sich bei “Wars across the world“ sicherlich nicht um ein Spiel mit großer technischer und narratorischer Inszenierung handelt, so hat man vorliegend jedoch endlich einmal die Möglichkeit einer vertiefenden Behandlung gewisser militärhistorischer “Nischenthematiken“ in Form einer interaktiven Konfliktsimulation, welche noch dazu ohne moralinsaures Framing auskommt, was sich nicht nur in der Sachverhaltsdarstellung denn auch der Option, jede beteiligte Konfliktpartei übernehmen zu können, manifestiert (ursprünglich hatte ich eine Wertung i.H.v. 7 ½ Hakenkreuzen vorgesehen, aber diese Tatsache rechtfertigt absolut eine höhere Bewertung. Dieses Spiel verkörpert wirklich die Devise: „mehr sein als scheinen“).

Wertung: 8 von 10 Hakenkreuzen

– Wehrwolf –